LOOKS LIKE SHIT? - Fahrradhelm-Kampagne des Bundesministeriums für Verkehr

Eine zweifelhafte Helm-Kampagne gab es schon 2015 – damals verbündete sich Verkehrsminister Dobrindt mit der dunklen Seite der Macht und warb mit Darth Vader um eine besser Fahrradhelm-Quote. Dieses Motiv erntete viel Hohn und Spott. Oder wie Meister Yoda es sagen würde: „Nicht lustig finden es kann der ADFC!“.

 

Und auch der amtierende Verkehrsminister Herr Andreas Scheuer beweisst wenig Feingefühl und zeigt wie wenig Ahnung er vom Thema "Fahrradfahren" hat. Es macht ja auch deutlich mehr Spass, sich über junge Damen in Unterwäsche zu unterhalten, als sich mit Themen wie Fahrverboten und Tempolimits herum schlagen zu müssen.

 

Ich möchte aber an dieser Stelle nicht auf den Sexismus der aktuellen Kampagne eingehen - dieser ist offensichtlich. Herr Scheuer hat das Thema an sich nicht verstanden und verschwendet Gelder, die man sinnvoller hätte verwenden können - z.B. in die Fahrrad-Infrastruktur des Landes.

 

Statistiken aus dem Jahr 2014 zu tödlichen Kopfverletzungen zeigen: auf jeden Radfahrer der an einer tödlichen Kopfverletzung stirbt, kommen 4,5 Autofahrer (und 1,5 Fussgänger). Doch trotzdem kommt niemand auf die Idee, beim Autofahren einen Helm aufzusetzen – obwohl es die Zahl der Todesfälle bei Auto-Unfällen statistisch reduzieren würde. Vermutlich könnte man so auch den klassischen Haushaltsunfall „Tod beim Fensterputzen“ entschärfen, wenn man nur die Unfall-Statistiken und Studien unter dem Aspekt „Kopfverletzung mit Todesfolge“ genau genug unter die Lupe nimmt.

 

Das Leben an sich ist ein Risiko, man kann in jeder Lebenssituation etwas an die „Birne“ geknallt bekommen und daran versterben. Daher ist die Helm-Kampagne der völlig falsche Ansatz und bekämpft nur die Symptome – und nicht die Ursachen!

 

Die Aussage der Kampagne: „Looks like shit!“ zeigt, dass sich das Bundesministerium für Verkehr nicht einmal im Ansatz mit dem aktuellem Design von Fahrradhelmen auseinander gesetzt hat. Aktuelle Fahrradhelme sehen heute nicht mehr „scheisse“ aus (man verzeihe mir die Wortwahl, ich zitiere hier die Aussage eines Bundesminsteriums). Moderne Fahrradhelme sind preisgekrönte Design-Objekte. Es gibt Fahrradhelme die tarnen sich als Pudelmütze, Hut oder Käppi. Für mehr Alltagstauglichkeit und Flexibilität gibt es Helme die man zusammen falten kann, um sie besser verstauen zu können. Der Hersteller „Nutshell“ bietet Helme mit mehr als hundert verschiedenen Motiven an, die vor allem bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt sind.

 

Die Fahrradindustrie und der Einzelhandel dürften also nicht sonderlich begeistert von der aktuellen Kampagne gewesen sein – mit solchen Aussagen kurbelt man den Absatz von Fahrradhelmen gewiss nicht an.

Der Zweirad-Industrie-Verband ZIV fordert vielmehr den Ausbau von Fahrradwegen und bessere Bedingungen für Radfahrer – statt Bundestagsdebatten über Helmpflicht für E-Bikes.

 

Slogan und Erscheinungsbild einer solchen Kampagne macht ein Ministerium natürlich nicht selbst – dafür gibt es gutbezahlte Werbeagenturen. Vermutlich ist das Bild des hippen Medienmenschen auf seinem handgeschweissten Edel-Rennrad nur ein Klischee – wer auch immer diese Kampagne verbrochen hat: „Themaverfehlung! Setzen! Sechs!“ Und am besten noch Nachsitzen – in der Grossstadt auf einem Fahrradsattel.

 

Es sei an dieser Stelle noch folgendes angemerkt: wenn ich von Fahrradfahren rede meine ich „Alltags-Radeln“. Nutzt man den Drahtesel als Sportgerät ändert sich meine Einstellung zum Helm dramatisch. Wenn ich auf dem Rennrad sitze und „Kilometer fresse“, fühle ich mich mit Helm viel wohler. Und auch bei Ausflügen mit einem Mountain-Bike, beim Downhill oder beim Freestyle-MTB in den Bike-Parks, liegt die Helmquote bei gefühlten 99%. Es liegt in der Natur der Sache, das Radeln als sportliche Disziplin ungemein gefährlicher ist, wie das Rad als reines Beförderungsmittel. Doch beim Sport setzt man sich ja freiwillig und bewusst diesem Risiko aus.

 

 

Quellen und weiterführende Links zum Thema:

 

https://www.clevere-staedte.de/blog/artikel/helmpflicht-für-fussgänger-und-autofahrer